Lockdown als Raum für Neues - bzw. - macht was aus dem worst case!

Die soziale Abschottung in diesen Tagen ist für viele eine Herausforderung. Doch gerade jetzt bietet es sich trotz allem auch an, so manches von dem nachzuholen, was sonst liegengeblieben ist oder keinen Platz auf der Agenda gefunden hat. Vielleicht kann gerade jetzt die Zeit genutzt werden, um Neues zu lernen, sich auch einmal unbequeme Gedanken zu leisten oder einfach mal (auch trotz der Gegenwart) über die Zukunft nachzudenken.

Nutz den Lockdown für Entwicklung

… verschwendet die Zeit nicht mit Netflix. Nur weil das Kino zu hat, müsst Ihr jetzt nicht auf der Couch verenden. Es gibt mehr, was zu tun wäre…

Zeit nutzen, wenn sonst nichts ansteht

Man könnte privat etwa …

  • eine neue handwerkliche oder künstlerische Fähigkeit lernen, z.B. einfach mal Malen, Zeichnen oder ein neues Instrument, vielleicht einene Roboter bauen, der einem autonom Klopapier besorgt
  • sich von dem alten Plunder trennen und nützliche Dinge stiften, die noch in Schuss sind
  • eine Runde innehalten und sich fragen, was die Top-10 der Dinge ist, die man nach der Coronazeit anpacken will
  • Zeit im Garten verbringen (wenn man einen hat) oder den eigenen Garten an Familien vermieten, die keinen haben, deren Kinder aber dringend mal Auslauf brauchen
  • sich weiterbilden, Neues lesen, Unbekanntes erschließen, Fähigkeiten auffrischen
  • vielleicht mal aufholen, um im Bedarfsfall die Komplexitäten der Realität weiter einzuordnen - etwa durch das Einlesen in Themen wie Komplexitätstheorie, Quantenmechanik, Systemtheorie, zikuläre Wirtschaft …
  • Ordnung schaffen, um Liegengebliebenes wieder in den Griff zu bekommen, z.B. bei Papierkram
  • einen Baum pflanzen oder direkt Seedbombs basteln und beim Spazierengehen verteilen
  • kaputte Gebrauchsgegenstände, die schon lange in der Ecke liegen endlich mal reparieren

Man könnte auch …

  • eine neue Geschäftsidee entwickeln, wenn sich der bisherige Status-Quo als nicht krisenresistent herausgestellt hat
  • etwas mit gesellschaftlichem Mehrwert erfinden oder ein Open-Source Projekt antriggern, es gibt hinreichend viele Probleme und Herausforderungen, die es noch zu bewältigen gilt
  • darüber nachdenken, wie man die Weltgesellschaft gegenüber destruktiven, reaktionären Tendenzen immun machen könnte
  • ein Buch schreiben
  • Ideen für einen eigenen nachhaltigeren Lebensstil sammeln und ausprobieren
  • mit Bekannten und Freunden neue Formen der Zusammenarbeit ausprobieren - z.B. ein OpenCollective für einen gemeinnützigen Zweck gründen
  • überlegen, wie man die häusliche Energiebilanz verbessern kann und ggfs. Umbaumaßnahmen einplanen
  • recherchieren, welches gemennützige Programm man in Zukunft evtl. unterstützen will
  • natürlich Masken basteln oder Ethanol für die Desinfektionsmittelproduktion herstellen
  • mit Freunden und Bekannten darüber diskutieren, welche gesellschaftlichen Chancen nach der Bewältigung der derzeitigen Krise ergriffen werden sollten …

So oder so: Bleibt aktiv, macht Pläne, schafft Perspektiven und neue Projekte. Das ist nicht nur wichtig für die Gesellschaft, sondern konstruktive Ideen helfen auch, den Lagerkoller zu vermeiden und die Zeit gut zu überstehen. UND: Seid keine schwachsinnigen Klopapier-Bunkerer, sondern nutzt die Zeit für sinnvolle Transformationen. Wenn Ihr schon preppen wollt, dann doch bitte kein Klopapier (!) - wie lächerlich ist das denn bitte (?) - preppt lieber Ideen und entwickelt Euch weiter!

Zeit nutzen bedeutet aktuell vor allem auch - Schwachen helfen, solidarisch sein

Die, die zu Hause sitzen und sich einfach nur langweilen, haben aber eigentlich kein echtes Problem! Ein echtes Problem haben die, für die der Lockdown eine bedrohliche Falle ist. Es gibt leider sehr viele Menschen, die erleben diese Tage unter den schlimmsten Umständen. Kinder und Frauen, die jetzt ohne Ausweg ihren schlagenden Vätern bzw. Männern ausgesetzt sind. Menschen, die in Angst oder Trauer um ihre Liebsten sozial isoliert das Schlimmste durchstehen müssen. Angestellte, die um ihren Arbeitsplatz und die Existenzsicherung bangen müssen. Alte und Kranke, die nun keinen Besuch mehr bekommen und vielleicht schon vor Corona sozial verarmt lebten. Arme, denen nun niemand mehr hilft, weil alle anderen zu Hause sind. Das sind nur Beispiele …

An all jene muss in diesen Tagen besonders gedacht werden und es müssen Mittel und Wege gefunden werden, wie insbesondere diesen Menschen praktisch geholfen werden kann. Hier sind sicher noch sehr viele Ideen gefragt. Neben dem Versuch, die Gesundheit und Wirtschaft der Gesellschat zu retten, darf nicht vergessen werden, wie viele Menschen extrem dringend auf die Hilfe von außen angewiesen sind. Charakter zeigt sich in der Krise - unsere Gesellschaft muss hier Charakter beweisen, muss kreativ werden und darf niemanden vergessen.

Als Gesellschaft Zeit nutzen: international kooperieren - nicht abschotten!

Neben den einzelnen Menschen, die vor Ort auf Unterstützung angewiesen sind, ist es natürlich essentiell, andere Gesellschaften in der Krise und Hilfsbedürftige länderübergreifend zu unterstützen. Etwa die, die jetzt in Flüchtlingscamps unter den unwürdigsten Bedingungen abgeschottet von jeder Zukunftsperspektive ihr Dasein fristen müssen. Europa muss ungedingt den Weg aus den Nationaldebatten herausfinden und Personen Schutz bieten, die ihn benötigen. Auch trotz Corona, oder, gerade wegen Corona. Die internationale Kooperation könnte ein wichtiger Schlüssel für die globale Transformation werden und ist im Angesicht der Krise nötig. Kooperation muss und sollte dabei nicht allein institutionell sein. Das kollektive Drama (der aktuellen Viruskrise) könnte Anlass werden, tiefe Gräben, Machtgefälle, historische Dysfunktionalitäten des Verhaltens und mentale Schranken für die Zukunft zu überwinden. Eine stärkere Fragmentierung der Welt durch fortwährende nationale Narrative, Protektionismen oder staatliche Hamsterkauf-Attitüden wäre kontraproduktiv und unintelligent. Nicht-Kooperation zwischen den Gesellschaften würde ein solches Biotop begünstigen, in dem Rechtsstaatlichkeiten zurückgebaut, Schwache unterdrückt und Freiheiten nachhaltig zurückgebaut werden können. Soweit darf es nicht kommen, denn bereits zuvor haben zu viele Nationen zu viele Rückschritte unternommen. Von Angst darf sich die Weltgemeinschaft nicht leiten lassen. Der Weg nach Vorne geschieht nicht durch das Konzept der sich verteidigenden Nationen.

Es ist wichtig, im Angesicht der Pandemie neue Formen der internationalen Kooperation zu etablieren und den Ideenaustausch in der Qualität und Quantität strukturell zu erhöhen, keineswegs zu drosseln. Auf der individuellen Ebene der gesellschaftlichen Realität ist es wichtig, kreative Formen der Solidarität zu praktizieren und denen zu helfen, die Hilfe und Schutz benötigen. Die Krise ist nicht nur eine Frage des Überlebens, sondern eben auch eine Frage der Haltung.